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FC St. Pauli vergeudet NICHT Millionen Euro im Nachwuchsbereich

Geschrieben von Patrick Gensing | Apr 11, 2025 1:05:24 PM

Das Hamburger Abendblatt berichtet am 09. April 2025 über einen möglichen Millionenverlust im „Nachwuchs-Scouting“ des FC St. Pauli. Die Schlagzeile lautet: „Falsches Nachwuchs-Scouting: Millionen-Verlust auch bei St. Pauli?“ Eine Frage, die zumindest den Verdacht nahelegt, hier könnte ordentlich Geld verschleudert werden. Was hat es damit auf sich?

Basis für die Berichterstattung ist eine Studie der Uni Lüneburg mit dem Titel: “Fading Shooting Stars – The Relative Age Effect, Ability, and Foregone Market Values in German Elite Youth Soccer”. Die Forscher Lukas Tohoff und Mario Mechtel untersuchen darin den Relativen Alterseffekt – kurz zusammengefasst geht es darum, dass Jugendspieler nach Leistung aus ihren Geburtsjahrgängen ausgewählt werden. Diejenigen, die früher in einem Jahr geboren wurden, sind körperlich zunächst oft weiterentwickelt als ihre später im Jahr geborenen Mitspieler.

„Diese kurzfristigen Vorteile führen dazu, dass besonders viele Spieler aus den ersten Monaten eines Jahres in die Nachwuchs-Leistungszentren (NLZ) aufgenommen und dann gefördert werden. Dadurch fallen viele Talente aus dem zweiten Halbjahr durchs Raster, denn sie werden zunächst unterschätzt“, sagt Prof. Dr. Mario Mechtel. Dies habe den Effekt, dass viele Clubs im Nachwuchs Potenziale nicht richtig einschätzten und spätere Marktwerte vergeudeten.

FCSP setzt auf Durchlässigkeit bei den Altersklassen

Genau aus diesem Grund hat der FC St. Pauli in seinem NLZ eine Durchlässigkeit zwischen den Jahrgängen etabliert. NLZ-Leiter Benny Liedtke betont, es gebe bezogen auf das biologische Alter sehr signifikante Unterschiede: „Es kommt vor, dass ein Spieler aus der U15 vom Reifegrad her schon 17 Jahre alt ist, sein Teamkollege aber erst zwölf.“ Daher stellt der FCSP die individuelle Entwicklungspläne über starre Altersklassen, wobei die Förderung jedes einzelnen Talents im Vordergrund steht. Die Ausbildung ist nicht mehr jahrgangsabhängig. Training und Spieltage werden nach individuellem Entwicklungsstand organisiert.

In der erwähnten Studie selbst wird das NLZ des FC St. Pauli übrigens gar nicht untersucht, auf Anfrage des Vereins erklärte aber einer der Forscher, das Modell der „Rebellution“ beim FC St. Pauli scheine eher eine positive Ausnahme zu sein. Und auch aus dem Artikel des Abendblatts wird durch die Ausführungen von NLZ-Leiter Benny Liedtke deutlich, dass es beim FC St. Pauli den in der Studie beschriebenen Mangel in dieser Form gar nicht (mehr) gibt bzw. dass genau dieser negative Effekt vermieden werden soll.

Auflösung hinter der Bezahlschranke

Obwohl es also keine Hinweise auf eine solche Vergeudung gibt und der FCSP dieses Problem sogar bereits aktiv bekämpft, wird der Artikel mit der erwähnten Überschrift beworben: „Falsches Nachwuchs-Scouting: Millionen-Verlust auch bei St. Pauli?“

Da sich die Auflösung dieser Frage hinter einer Bezahlschranke gibt bzw. viele Leser*innen lediglich Überschriften lesen, dürfte bei nicht wenigen Leuten zunächst nur hängenbleiben, es gebe beim FC St. Pauli möglicherweise einen Millionen-Verlust im NLZ. Obendrein ist anzumerken, dass der FCSP bereits seit Längerem gar kein Scouting mehr im Nachwuchsbereich betreibt, was das „Hamburger Abendblatt“ selbst mehrfach und durchaus kritisch aus Sicht von Beratern thematisierte.

Ein anderer Jugendfußball ist möglich

Angesichts dessen wollen wir noch einmal darauf hinweisen, dass der FC St. Pauli in seinem Nachwuchs sehr genau prüft, welche Ausbildungsmethoden und Strukturen sinnvoll sind – und welche vielleicht kontraproduktiv. Dies ist ein Prozess, der immer weiterläuft – und die Ergebnisse lassen sich auch nicht sofort in Form von Marktwerten oder anderen Zahlen messen lassen.

Der Verein ist absolut überzeugt davon, auch im Nachwuchs eigene Wege zu gehen, um zu zeigen: Ein anderer Fußball ist möglich – auch und gerade im Jugendbereich, in dem es eine besonders große Verantwortung gibt für die Arbeit mit jungen Menschen und deren Förderung und Entwicklung. Dieser Verantwortung möchte der FC St. Pauli annehmen und gerecht werden, unter anderem durch die Durchlässigkeit bei den Altersklassen.

Mehr zur Rebellution und die Quellen zu diesem Text findet Ihr hier:

Rebellution – ein anderer Jugendfußball ist möglich - FC St. Pauli

Umstrukturierung im NLZ des FC St. Pauli zur neuen Saison 2024/25 - FC St. Pauli

Fußball-Vereine vergeuden Millionen beim Nachwuchs | Leuphana Uni Lüneburg

Abendblatt: Millionen-Verlust auch beim FC St. Pauli? Falsches NLZ-Scouting nachgewiesen