7. Oktober und Gaza-Krieg: Humanität ist unteilbar!

 

In den vergangenen Monaten hat es in und rund um unseren Verein zahlreiche Debatten über den Nahost-Konflikt gegeben. Dazu möchte der FC St. Pauli grundlegende Gedanken teilen und einige falsche Behauptungen richtigstellen.

Der FC St. Pauli ist ein überkonfessioneller, überparteilicher Verein mit rund 50.000 Mitgliedern. Wir haben viele Mitglieder und Fans, die sich als links und fortschrittlich verstehen. Der Verein ist divers sowie inklusiv und positioniert sich eindeutig und klar gegen alle, die diese Vielfalt angreifen.

Wir haben gemeinsame Überzeugen, aber angesichts der Vielfalt im und um den FC St. Pauli gibt es auch unterschiedliche Meinungen und Perspektiven. Wir wollen daher vor allem das Verständnis untereinander und den persönlichen Austausch fördern. Uns geht es nicht darum, die härtesten Worte und Positionen zu finden oder Gräben zu vertiefen, sondern darum, Räume zu bieten, in denen Menschen zusammenkommen.

Dies gilt insbesondere für den Nahost-Konflikt. Ein Konflikt, der eine lange Geschichte hat, kompliziert sowie widersprüchlich und bereits seit Jahrzehnten emotional sowie politisch aufgeladen ist. Dieser Konflikt wird zudem auch stellvertretend genutzt, um eigene politische Ziele zu verfolgen. Um die Betroffenen in der Region selbst geht es dabei oft nur am Rande.

Verein mit politischem Anspruch, aber keine Partei

Der FC St. Pauli ist ein Fußballverein mit politischem Anspruch, aber keine Partei. Wir können uns als Verein nicht zu den leider zahlreichen Krisen dieser Welt positionieren, sondern äußern uns zu Ereignissen und Entwicklungen, die einen Bezug zum Verein haben. Daher kondolierten wir kurz nach dem 7. Oktober 2023[1], da bei dem Massaker im Süden Israels auch viele Fans und Mitglieder von Hapoel Tel Aviv ermordet worden waren. Hapoel war wenige Monate zuvor bei uns zu Gast am Millerntor; Ultra Hapoel (UH) und Ultra St. Pauli (USP) pflegen seit Jahren eine Freundschaft.

Dementsprechend war es für uns vollkommen klar und ein Zeichen der Humanität, unseren Freund*innen unser Beileid auszusprechen. Zudem hatten wir dabei bereits unsere Sorge vor einer weiteren Eskalation betont und unsere Hoffnung für eine friedlichere Zukunft für alle Menschen – sei es in Israel oder Palästina – unterstrichen.

Wir haben mehrfach dazu aufgerufen, für Menschen im Gazastreifen zu spenden.[2] Diesen Aufruf erneuern wir an dieser Stelle angesichts der katastrophalen humanitären Lage dort und bitten erneut um Unterstützung für die Arbeit von War Child Deutschland.[3] Konkrete Aufrufe zur humanitären Hilfe erscheinen uns wichtiger und zielführender, als auf Social Media mit verkürzten Darstellungen oder möglichst scharfen Worten eine weitere Polarisierung voranzutreiben.

Gegen Fundamentalismus und Rechtsextremismus

Für den FC St. Pauli als antifaschistischen und progressiven Verein ist vollkommen klar: Wir stehen nicht an der Seite einer radikal-antisemitischen, fundamentalistischen Terror-Organisation wie der Hamas oder mit ihren verbündeten Gruppen. Wir stehen aber selbstverständlich auch nicht an der Seite einer rechtsextremen und rassistischen Regierung wie der von Benjamin Netanjahu oder anderen Regierungen mit ähnlichen Konzepten.

Unser Platz ist an der Seite von allen, die betroffen sind von Terrorismus, Krieg und Unterdrückung. Wir erklären uns solidarisch mit linken Demonstrant*innen in Israel, die ein Ende des Kriegs fordern, damit die Geiseln, die noch immer im Gazastreifen sind, endlich freikommen. Wir stehen an der Seite der mutigen Menschen, die im Gazastreifen für Demokratie, Freiheit und ein Ende der Besatzung auf die Straße gehen. Wir möchten die Zivilist*innen unterstützen, die durch den anhaltenden Krieg im Gazastreifen bedroht sind und viele Menschen verloren haben. Wir halten es für vollkommen legitim, dass Israel die Geiseln befreien will, sind gleichzeitig entsetzt über die hohe Zahl der Todesopfer im Gazastreifen und die absolut katastrophale humanitäre Lage dort.

Raum für Austausch schaffen

Wir nehmen mit großer Sorge zur Kenntnis, wie gespalten viele progressive bzw. linke Kräfte bei diesem Thema sind und wie unnachgiebig Positionen und Perspektiven aufeinanderprallen, ohne dass unterschiedliche Positionen respektiert werden. Wir stellen uns zudem hinter linke Kulturzentren und Clubs, die als angebliche Kriegstreiber attackiert werden. Wir weisen Unterstellungen zurück, wonach sich der FC St. Pauli für Kriege oder rechtsextreme Kräfte stark gemacht habe. Und wir sind entsetzt über Attacken auf jüdische Menschen in Deutschland und anderen Staaten, die beleidigt, bedroht und angegriffen werden. Genauso stellen wir uns gegen antimuslimischen Rassismus, der bei uns ebenfalls keinen Platz hat. Der FC St. Pauli hat christliche, jüdische und muslimische Mitarbeitende, Mitglieder und Fans – und sie alle gehören gleichermaßen zu unserem Verein.

Wir appellieren an alle, respektvoll miteinander umzugehen, Gemeinsamkeiten nicht zu vergessen und Unterschiede nicht überzubetonen bzw. auch zu respektieren. Wir stehen für Antifaschismus, Diversität und humanitäre Werte. Diese Humanität ist nicht geknüpft an Nationalität, Geschlecht oder Religion, sondern sie ist unteilbar und gilt allen Menschen.

Voran Sankt Pauli!

[1] FC St. Pauli auf X: „Die Bilder von den Attacken der Hamas in Israel sind extrem verstörend. Wir verurteilen die Angriffe auf Zivilist*innen, den Terror und die Morde, die durch nichts zu rechtfertigen sind und nur zu einer weiteren Eskalation führen. (1/2) #fcsp https://t.co/q2goVpeNHs“ / X

[2] FC St. Pauli auf X: „Nach dem terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober greift Israel Ziele im Gazastreifen an, um die radikal-islamistische Organisation zu treffen. Auf beiden Seiten sind tausende Tote und Verletze zu beklagen; darunter viele Zivilist*innen. (1/3) #fcsp“ / X

[3] Aufruf zur Unterstützung der Arbeit von WarChild auf Facebook

English version:

October 7 and the war in Gaza: humanity is indivisible!

FC St. Pauli is a nondenominational, nonpartisan club with around 50,000 members. We have many members and fans who consider themselves leftwing and progressive. The club is diverse and inclusive and takes a clear stance against anyone who attacks this diversity.

We share common convictions, but given the diversity in and around FC St. Pauli, we also have differing opinions and perspectives. Our main aim is therefore to promote mutual understanding and personal dialogue. For us, it is not about finding the most strident words or positions or deepening rifts, but rather about offering spaces where people can come together.

This especially applies to the conflict in the Middle East, a conflict with a long history that is complicated and contradictory and has been emotionally and politically charged for decades. It is also a conflict that is used as a proxy for pursuing political agendas. In the process, those affected in the region itself are often reduced to the margins.

Club with political interests, not a party

While FC St. Pauli is a football club with political interests, it is not a political party. As a club, we cannot take a stance on the regrettably numerous crises in the world; we do, however, comment on events and developments with a connection to the club. We therefore expressed our condolences shortly after 7 October 2023[1], since many fans and members of Hapoel Tel Aviv were among those murdered in the massacre in southern Israel. Hapoel had visited us at the Millerntor a few months earlier; Ultra Hapoel (UH) and Ultra St. Pauli (USP) have nurtured a friendship for many years.

It was therefore perfectly clear to us, and a sign of humanity, that we should send condolences to our friends. We also emphasised our concern about a further escalation and our hopes for a more peaceful future for everyone - be it in Israel or Palestine.

We have repeatedly appealed for donations for people in the Gaza Strip.[2] In view of the catastrophic humanitarian situation there, we repeat our appeal here and encourage people once again to support the work of WarChild.[3] [War Child Germany | WAR CHILD] For us, concrete appeals for humanitarian aid appear more important and effective than fuelling further polarisation on social media with abbreviated representations or strident language.

No to fundamentalism and rightwing extremism

As an anti-fascist and progressive club, it is absolutely clear that FC St. Pauli does not stand alongside radical anti-Semitic, fundamentalist terrorist organisations such as Hamas or its allied groups. Yet neither, of course, do we side with extreme rightwing and racist governments such as Benjamin Netanyahu's or other politicians with similar policies.

Our place is by the side of all those affected by terrorism, war and oppression. We declare our solidarity with leftwing demonstrators in Israel who are demanding an end to the war so that the hostages who are still in the Gaza Strip can finally be released. We stand with the brave people who are taking to the streets in the Gaza Strip for democracy, freedom and an end to the occupation. We wish to support the civilians who are threatened by the ongoing war in the Gaza Strip and have lost many people. We believe it is perfectly legitimate for Israel to want to free the hostages, but at the same time we are appalled by the high death toll in the Gaza Strip and the absolutely catastrophic humanitarian situation there.

Creating space for dialogue

We note with great concern the extent to which many progressive and leftwing groups are divided on this issue and the intransigent way in which positions and perspectives collide with no respect for different standpoints. We also stand behind leftwing cultural centres and clubs who are being attacked as alleged warmongers. We reject insinuations that FC St. Pauli has championed wars or extreme rightwing forces. And we are appalled by assaults on Jewish people in Germany and other countries in which they are insulted, threatened and attacked. We also oppose anti-Muslim racism, which has no place in our club. FC St. Pauli has Christian, Jewish and Muslim employees, members and fans - they all belong here equally.

We call on everyone to treat one another with respect, to remember what we have in common, to respect our differences and to refrain from overemphasising them. We stand for anti-fascism, diversity and humanitarian values. This humanity is not linked to nationality, gender or religion, it is indivisible and applies to everyone.

Onwards St Pauli!

[1] FC St. Pauli on X: "The images of the Hamas attacks on Israel are deeply disturbing. We condemn the murderous terror attacks on civilians. They are totally unjustifiable and will lead only to further escalation. (1/2) #fcsp https://x.com/fcstpauli_EN/status/1710664100819206468" / X

[2] FC St. Pauli on X: "After the terrorist attack by Hamas on 7 October, Israel is now attacking targets in the Gaza Strip to strike the radical Islamist organisation. There are thousands of dead and injured on both sides, including many civilians. (1/3) #fcsp" / X

[3] Facebook